Yvonne Klein, Polsterin

Nach ca. vierjähriger Teilzeitselbstständigkeit hat Yvonne Klein am 1. Februar 2018 ihren Betrieb „Yvonne Klein – Polsterei Manufaktur“ gegründet.

Als Polsterin blickt sie auf eine mehr als 11jährige Berufserfahrung zurück. Mit Leidenschaft, Sachverstand und dem Gefühl für Stoffe und Formen ist sie in ihrem Handwerk tätig.

Yvonne Klein

I.: Wie bist Du darauf gekommen, Polsterin zu werden?

Y.K.: Vor meinem Fachabitur absolvierte ich ein Praktikum in einem Betrieb mit einer Dekorationsabteilung, wo ich verschiedene Arbeiten kennengelernt habe. Ich fand den Arbeitsbereich spannend und habe mich dann nach dem Fachabitur als Raumausstatterin beworben. Ich bin dann in einer kleinen Polsterei gelandet, wo ich meine Ausbildung absolviert habe.

Nach der Ausbildung bin ich noch ein Dreivierteljahr in dem Betrieb geblieben, habe mich aber dann bei einer größeren Firma beworben und war dort bis jetzt elfeinhalb Jahre angestellt.

In den elfeinhalb Jahren habe ich 2014 meinen Gewerbeschein angemeldet und neben meiner Anstellung kleine Aufträge angenommen. Mit der Zeit wurden es dann immer mehr Aufträge.

Im Handwerkerinnennetzwerk habe ich eine ganze Reihe von selbstständigen Frauen kennengelernt. Das fand ich interessant. Als Angestellte war ich ein bisschen unzufrieden, fühlte mich auch etwas unterfordert und hatte dann den Wunsch, mich selbstständig zu machen.

I.: Was war für Deinen Schritt in die Selbstständigkeit entscheidend?

Y.K.: Es war die persönliche Herausforderung, die mich gereizt hat und letztendlich entscheidend für den Schritt in die Selbstständigkeit war. Als Angestellte hatte ich nicht immer direkten Kundenkontakt. Aber genau das fand ich besonders interessant, nämlich viele verschiedene Menschen / Kunden kennenzulernen. In der Selbstständigkeit kann ich das jetzt! Hier habe ich direkten Kundenkontakt.

I.: Welche Eigenschaften muss man für eine Selbstständigkeit mitbringen?

Y.K.: Zunächst einmal Ehrgeiz und dann das Wollen und die Lust darauf. Als Angestellte muss man nicht so viel organisieren, man braucht sich auch nicht so viel mit den Kundenwünschen auseinanderzusetzten. Das ist in der Selbstständigkeit anders. Hier muss man alles machen. Man setzt sich mit den Kunden auseinander und muss das auch gerne machen. Dazu kommt dann die ganze Organisation, die betriebswirtschaftlichen Dinge wie z.B. Kalkulation, die Terminplanung…

I: Wann hast Du Dich eigentlich entschieden endgültig zu sagen „Keine Teilzeitselbstständigkeit mehr, jetzt mache ich es ganz“?

Y.K.: Das war ein langer Prozess. Darauf habe ich drei oder vier Jahre hingearbeitet. Es war auch keine leichte Entscheidung. Es gab da schon Ängste, zum Beispiel woher die Kunden kommen, ob alles funktioniert, wie das alles klappt, wo man sich melden muss, was für Stellen anzuschreiben sind, wenn man sich selbstständig macht, die Frage, was ich alles beachten muss.

Gegründet habe ich dann am 1. Februar 2018.

Die Ängste sind ein bisschen verflogen, weil die vier Jahre nebenberufliche Selbstständigkeit sich für mich doch sehr rentiert haben. Ich habe jetzt meine Kontakte, die ich in den vier Jahren geknüpft habe und auch Aufträge. Zudem habe ich mich noch mit meinem ehemaligen Ausbilder zu einer Werkstattgemeinschaft zusammengeschlossen.

Es ist viel besser gekommen, als ich gedacht habe. Aufträge sind da und kommen auch stetig. Auch meine alte Firma, bei der ich elf Jahre gearbeitet habe, hat mich gefragt, ob ich von Zeit zu Zeit Aufträge für sie bearbeite. Ich habe also gut zu tun.

I.: Also ein geglückter Start?

Y.K.: Im Prinzip ja. Wenn es so weiter geht, dann sieht es ganz positiv aus.

I: Braucht man eine bestimmte Einstellung für die Selbstständigkeit?

Y.K.: Wie ich schon gesagt habe, man braucht Ehrgeiz und auch Lust, das machen zu wollen. Es ist kein Job von 8:00 bis 17: 00 Uhr, sondern geht darüber hinaus.

I: Für die, die es vielleicht nicht wissen: Was macht eine Polsterin eigentlich alles so? Bezieht sie die Stühle hübsch?

Y.K.: Ich beziehe Stühle, Sessel oder Sofas mit Stoff, Leder, Kunstleder, Microfaser und polstere sie, wenn nötig, neu auf. Ich fertige Polsterkissen für Bänke, beziehe Handläufe mit Stoff oder Leder. Bespanne Decken und Wände mit Stoff. Alles was man mit Stoff, Leder, Kunstleder usw. beziehen kann, mache ich.

Ich habe auch schon viele skurrile Dinge bezogen und ich fertige für Sonderwünsche an.

I: Was heißt aufpolstern?

Y.K.: Es gibt zwei Möglichkeiten alte Möbel aufzupolstern. Entweder polstert man sie klassisch auf, das heißt man gurtet den Grund neu, schnürt die Federn und legt die klassischen Polsterungen, wie die Fasson und Pikierung auf. Die Fasson garniert man mit verschiedenen Nähstichen wie Leiterstich und Vorderstich durch. Dadurch verfestigt man die Sitzkante und gleichzeitig verbindet man die Polsterschicht mit dem Federgrund. Das ist der klassische Polsteraufbau.

Die zweite Möglichkeit ist ein moderner Polsteraufbau. Da besteht der Grund zum Beispiel aus Gummigurten und dem Einsatz von verschiedenen Schaumstoffen oder auch Federkernen. Nach dem Polstern bezieht man den Stoff auf die Polsterflächen und wenn es ein Sessel oder Sofa ist wird der Stoff unten am Gestell angetackert und anschließend wird der Sessel oder Sofa mit Zuspannflies zu gespannt.

Bei Stühlen wird meistens noch als Abschluss eine Borte zum Abdecken der Tackerklammern geklebt.

Aufpolsterung eines Stuhls von Yvonne Klein

I: Ich habe vorhin bei dir gesehen, dass es auch komplizierte Zuschnitte gibt?

Y.K.: Ja, ich benutze den alten Bezug als Schnittmuster. Dabei muss man sich die alten Bezüge aber genau anschauen und eventuell beim Zuschneiden noch Veränderungen vornehmen, weil ein Bezug durch mehrmaliges waschen vielleicht eingelaufen oder durchs Benutzen ausgeleiert ist. Man muss aber immer noch drauf achten, wie die Stoffe beschaffen sind und wie die Stoffe reagieren. Es gibt Stoffe die zum Beispiel einen Flor haben, den man nur in eine bestimmte Richtung verarbeiten darf. Auch die Webart ist entscheidend, da sich der Stoff in die eine Richtung mehr als in die andere ausdehnt. Kompliziert sind Stoffe mit Mustern. Da ist die Schwierigkeit, das Muster von der Lehne auf den Sitz fortlaufend zu verarbeiten und von den Seitenteilen auf die Lehne rüber.

Es ist manchmal schon eine sehr komplexe Aufgabe ein Möbelstück zu beziehen. Das lernt man im Ansatz in der dreijährigen Ausbildung aber ganz viel Erfahrung sammelt man erst im Laufe der Berufsausübung.

Wiederhergestellte Stühle von Yvonne Klein

I.: Wir kennen Dich schon eine ganze Weile. Du bist schon seit einigen Jahren im Berliner Handwerkerinnennetzwerk. Wie bist Du eigentlich zum Netzwerk gekommen?

Y.K.: Zum Netzwerk bin ich durch eine Freundin gekommen. Ich war damals ein bisschen unzufrieden mit meinem Job und hatte gerade dort auch einen kleinen Zwist. Daraufhin meinte sie: „Geh doch mal zu den Frauen im Handwerk und schau Dir das an. Da sind noch andere Frauen aus dem Handwerk“. Das habe ich dann auch gemacht. Das war 2015, glaube ich.

Das erste Netzwerktreffen an dem ich teilgenommen habe war bei der Tischleria. Es hat mir gut gefallen und ich bin dann im Netzwerk geblieben, habe Workshops mitgemacht, die auch für meine nebenberufliche Selbstständigkeit, also für mein Kleingewerbe interessant und fördernd waren.

I.: Warum ist so ein Netzwerk wichtig?

Y.K.: Das Netzwerk ist wichtig, weil man hier auf Frauen trifft, die schon länger selbstständig sind. Hier konnte ich meine Gedanken und Überlegungen mit anderen Frauen austauschen und mir auch Tipps und Ratschläge mitnehmen.

Im Netzwerk habe ich auch eine Raumausstatter-Kollegin kennengelernt und arbeite jetzt mit ihr zusammen. Dadurch ergeben sich eben auch Aufträge. Und das ist schon sehr unterstützend.

Außerdem nutze ich die Angebote des Kompetenzzentrums. Ich nehme gerade an einem Excel-Kurs teil. Das hilft mir dann dabei, der Buchhaltung etwas vorzugreifen. Oder aber der Workshop zum Thema Kalkulation. Da möchte ich gerne teilnehmen, um meine Kompetenzen als Unternehmerin zu erweitern und um mich nicht unter Wert zu verkaufen.

I.: Du hast vor kurzer Zeit gegründet und bestimmt eine Menge um die Ohren. Trotzdem möchte ich gerne wissen, wo Du Dich in ein paar Jahren siehst, was Deine Ziele sind, was Du erreichen willst.

Y.K.: Also da ich gerade frisch gegründet habe, ist erst mal mein Ziel das erste Jahr gut zu überstehen. Und ehrlich gesagt, soweit in die Zukunft sehe ich im Moment noch nicht. Nach dem ersten Jahr werde ich mir die Zeit nehmen, meine Erfahrungen gründlich auszuwerten und dann schaue ich weiter.

I.: Liebe Yvonne Klein, herzlichen Dank für das Interview!

Das Kompetenzzentrum für Berliner Handwerker*innen des bfw wird durch die Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung des Landes Berlin gefördert.

Nach oben scrollen